Nun war es endlich soweit. Nach Jahren der lokalen Berichterstattung wagen wir uns ab August 2021 endlich auch zu den großen Traditionsvereinen in der Region. Den Anfang machte am gestrigen Samstagabend der 1. FC Magdeburg. Der Traditionsverein aus Sachsen-Anhalt empfing im DFB-Pokal den FC St. Pauli. Hätte man sich vor Jahren noch auf eine brechend volle Hütte und viele Gästefans gefreut, musste man die Erwartungen „zu Zeiten der Pandemie“ (ich kann diesen Satz mittlerweile echt nicht mehr hören…) deutlich herunterschrauben. Doch eins, und das muss man ganz deutlich sagen, macht der 1. FC Magdeburg, zusammen mit der Stadt und seinen Fans hervorragend. Das muss man ganz deutlich sagen. Immerhin sind in der Landeshauptstadt 15.000 Fans erlaubt, hinzu kommt ein großer Wunsch bzw. ein Konzept, dass die aktive Fanszene der Magdeburger erarbeitet hat, welches besagt, dass die Kontaktverfolgung der Gästefans auch über die Gastmannschaft erfolgt. Das Gästefans überhaupt ins Stadion kommen dürfen, hat für den „Block U“, also für die aktive Fanszene der Magdeburger oberste Priorität. Im hauseigenen Fanzine zeigte sich der Block U erfreut, dass der 1. FC Magdeburg den Wunsch der Kontaktverfolgung für die Gästefans nachgegangen ist und so erhoffte man sich auch viele St. Pauli Anhänger im Stadion. Die aktive Szene der Hamburger ist jedoch seit Beginn der neuen Saison nicht als solche in der Fankurve aktiv. Die „günstigen“ Bedingungen in Magdeburg nahm man jedoch anscheinend dankend an und so versammelten sich in den beiden Gästeblocken zusammen schätzungsweise 1.000 Gästefans.

In den ersten Zeilen erkennt ihr bereits, dass es sich in diesem Bericht vorrangig um das Erlebnis im Stadion geht und nebensächlich um den Spielverlauf. Nicht, weil ich mich nicht für das Fußballspiel interessiere, sondern weil ihr anhand diverser anderer Medien sicherlich schon über den Kick auf dem Rasen informiert seid. Seit meinem letzten Stadionbesuch in Magdeburg hat sich vor allem außerhalb des Stadions einiges getan. Die FCM-Fangemeinde gestaltete nahezu alle Wände, Treppen, Stromkästen etc. in den Vereinsfarben und schmückte diese ebenfalls mit zahlreichen Graffitis. Sehr sehenswert! In den letzten Jahren war der 1. FC Magdeburg vor allem für lautstarke Stimmung bekannt. Seit dem Abstieg aus der 2. Bundesliga flachte das Niveau auf dem Rasen, so mein subjektiver Eindruck, jedoch immer mehr ab. So rettete man sich in der letzten Saison vor dem Abstieg, als vorne um den Aufstieg mitzuspielen. Zur neuen Spielzeit gab es aber einige Veränderungen. So verabschiedete man unter anderem Club-Legende Christian Beck und die Handschrift von Trainer Christian Titz ist nun eine völlig neue. Man gewann das erste Saisonspiel in der 3. Liga souverän in Mannheim und auch beim 0:0 im Heimspiel gegen SC Freiburg sahen die Zuschauer einen spielerisch starken FCM. Deshalb erhoffte man sich, dass die Magdeburger das Spiel gegen den St. Pauli möglichst lange offen gestalten werden.

Doch die Erwartungen wurden zunächst getrübt. Burgstaller traf nach nur vier Minuten für die Gäste zum 0:1. Großer Jubel bei den St. Pauli-Fans, die bis auf eins, zwei Zaunfahnen auf optische Stilmittel im Stadion verzichteten. Die gute Stimmung ist man in Magdeburg natürlich gewohnt. Und trotz des Rückstandes drehte der Block U mächtig auf. Dass der Drittligist sich auf dem Platz nicht weichkochen ließ, sondern sensationellen Offensiv-Fußball bot, gab sein Übriges dazu. Eine Seltenheit, wie ich finde, ist, dass die Fans auf der Gegentribüne und auch auf der anderen Seite direkt in die Gesänge mit einsteigen und so wirkt es, als wäre das gesamte Stadion eine komplette zusammenhängende Tribüne. Es schallt aus allen Ecken. Und da ist man sich auch als älterer Herr dann nicht zu schade, zu hüpfen, zu klatschen oder sich auf die Wechselgesänge zu konzentrieren. Das weiß definitiv zu Gefallen. Die St. Pauli-Fans, die ohne richtigen Vorsänger agierten, hatten somit keine wirkliche Chance, sich im Stadion bemerkbar zu machen.

Als der überragende Sirlord Conteh dem FCM in der 31. Minute den Ausgleich bescherte, flippte das Stadion natürlich komplett aus. Da fielen Leute beim Jubel drei Reihen nach unten, Bierduschen überall, ausrastende Leute und ohrenbetäubender Lärm. Und das ist wirklich nicht übertrieben. Die Gäste aus Hamburg machten dem Drittligisten jedoch kurze Zeit später erneut einen Strich durch die Rechnung erzielten das 1:2. Wiederum schlugen die Magdeburger dann aber in der 2. Halbzeit zurück. Conteh war wieder zur Stelle und somit wiederholten sich die beschriebenen Ereignisse nach dem 1:1-Ausgleichstreffer. Nach dem Tor zum 2:2 stieg nun auch blau-weißer Rauch im Magdeburger Fanlager empor dazu drehte der Fanblock mächtig auf. Kurze Zeit fühlte ich mich stimmungstechnisch wie in Belgrad oder Thessaloniki und erfreute mich daran, dass trotz der Pandemie ein atemberaubendes Stadionerlebnis noch möglich ist. Wahnsinn! Da kann man den ganzen Corona-Kram wirklich mal für ein paar Minuten ausblenden. Was wäre nur los gewesen, wenn der 1. FC Magdeburg nach dem 2:3 für St. Pauli kurz vor dem Ende der Partie abermals den Ausgleich hätte erzielen können. In einer strittigen Szene entschied der Schiedsrichter bei einer FCM-Chance jedoch auf Abseits. Sein Assistent konnte sich vom Pöbel auf der Gegentribüne natürlich einige Sprüche anhören.

Am Ende blieb es beim 2:3 für den Favoriten aus Hamburg, doch die Magdeburger konnten nach dieser tollen Leistung den Platz mit sehr viel Stolz verlassen. Mein Mitstreiter, mit dem ich im Stadion war und der deutlich mehr vom Fußball versteht als ich, meinte anschließend, es sei das beste Fußballspiel gewesen, was er seit langer Zeit gesehen hat. Und wir besuchen eigentlich relativ viele Spiele. Ich selber habe mich auf die Stimmung konzentriert und was soll ich sagen. Ihr habt es ja gelesen! Magdeburg ist stimmungstechnisch eine absolute Wucht und es macht Spaß, hier ins Stadion zu gehen!

Fazit:
Spielerisches Niveau: 9,5/10
Spannung: 8/10
Stimmung: 10/10
Erlebnis: 10/10
Stadionwurst: 6,5/10

Nach diesem tollen Spiel in Magdeburg freuen wir uns aber auch, in nächster Zeit die anderen Traditionsvereine in der Umgebung zu besuchen und werden in Kürze ebenfalls darüber berichten. Behaltet unsere Social Media Kanäle (Team Sportstadt auf Instagram und Youtube) im Auge, um unsere Berichterstattung nicht zu verpassen.