Hallo liebe Leser,
viel Spaß bei meinem Tripreport von unserer Kurzreise nach Neapel. Auf dem Programm standen: Natürlich eine ausführliche Städtebesichtigung in Neapel, ein Ausflug auf die Insel Capri und die Fahrt nach Salerno zum Fußballspiel der Serie B: US Salernitana 1919 gegen US Palermo. In meinem Bericht beschäftige ich mich aber fast ausschließlich mit dem sportlichen Teil, also dem Fussballspiel in Salerno.

Ankunft in Neapel

Los ging es an meinem Geburtstag, am 15. Mai. Von Berlin aus fliegt man exakt zwei Stunden nach Neapel. Die knapp eine Million Einwohner zählende Stadt am Mittelmeer ist natürlich Weltbekannt für den Vulkan „Vesuv“, der sich nur wenige Kilometer vom Zentrum entfernt befindet. Weiterhin spielen die Mafia, „Camorra“ gennant, der Tourismus und auch der Sport in Neapel eine große Rolle. Unser Hotel lag direkt im berüchtigten Bahnhofsviertel der Stadt. Angeblich treffe man dort zu jeder Tageszeit auf zwielichtige Gestalten. Naja, wir fanden es ganz normal. Nicht anders als in Sofia oder Belgrad. Allerdings ist die Gefahr vom Motorroller überfahren zu werden, zehnmal höher, als auf einen Gangster zu treffen. Und in der Tat schlängeln sich die Zweiräder durch die engsten Gassen, ohne Rücksicht auf Verluste. Und auch die Quote an verbeulten Autos in Neapel liegt augenscheinlich bei mindestens 75%. Die Italiener ganz allgemein, sind sehr gesprächig. Die emotionale Verwendung von Mimik und Gestik gehört hier zum guten Brauch. In den ersten zwei Tagen schauten wir uns den Vesuv an und am Folgetag fuhren wir mit einer Fähre auf die Insel Capri. Die Fähre war mit 22,00€ pro Fahrt und pro Person schon ganz schön teuer. Zum Vergleich, vor zwei Jahren in Thailand haben wir 50 Cent für eine ähnlich weite Überfahrt bezahlt. Wie dem auch sei, der Besuch hat sich aufgrund der beeindruckenden Natur jedenfalls absolut gelohnt.

 

Die Fahrt nach Salerno

Am nächsten Morgen fuhren wir mit dem Zug von Neapel nach Salerno. Ich war sehr aufgeregt. Immerhin folgte das Highlight der Tour: Das Fußballspiel in Salerno. Angekommen in Salerno, ergab sich ein ähnliches Bild wie in Neapel. Das Straßensystem der Stadt kann man aber durchaus als noch komplizierter bezeichnen. Liefen wir vom Bahnhof ca. eine Stunde kreuz und quer durch die Gegend, um unsere Unterkunft zu finden. Wanderten dann die Mundwinkel bei der Ankunft schnell wieder nach unten, denn weit und breit war keine Unterkunft zu sehen. Die Straße, in der wir warteten, unterschied sich von der richtigen maximal um einen Buchstaben. Naja…also liefen wir noch einmal eine halbe Stunde umher, bis wir endlich da waren. Kontaktperson Mario holte uns vom Treffpunkt ab und führte uns in seine Wohnung. Der Weg dahin war durchaus abenteuerlich. Ich kenne definitiv Personen, die in den engen Gassen von Salerno steckengeblieben wären. Alles wirkte außerdem ziemlich verarmt. So hausen also die Italiener. Nachdem wir im Zimmer angekommen waren, schlummerte Richard etwas auf dem Bett und ich entschied mich dazu, noch einmal los zu starten und ein Eis zu essen. Ich bemerkte natürlich sofort, dass ich mich nie wieder zurück zur Wohnung finden würde, also schnell einen Wegpunkt bei Google Maps gesetzt. Drei leckere Kugeln Eis für satte 6 Euro später, war es natürlich klar, dass ich die Unterkunft, trotz Google Maps nicht wieder fand. In der richtigen Gegend war ich auf jedenfall. Ich sah dann einen etwas nervös wirkenden jugendlichen Einheimischen und fragte diesen nach dem Weg. Mittendrin merkte ich erstmal: Der Typ war drei Köpfe größer, tättowiert und auf dem Tshirt stand: Salerno Ultras. 😎 Und nein, natürlich verstand Alfredo weder deutsch noch englisch. Am Ende meiner Frage war das einzige, was er von sich gab: Schalke? 🤔

Im Clubhaus der Ultras

Zur Erklärung: Die Fans von Salerno pflegen eine intensive Freundschaft zu den Fans von Schalke 04. Hierfür muss ich Totti danken, der mich vor unserem Trip in Dessau diesbezüglich noch aufklärte. Das verhalf mir in dieser Situation natürlich unheimlich und als ich auf seine Frage mit JA antwortete, flitzte Alfredo ganz aufgeregt eine Ecke weiter und sagte seinen Kumpels Bescheid. Binnen einer Minute kamen gut 10 Ultras von Salerno zu mir und begrüßten mich: ciao Schalke!!! Mamma Mia, Küsschen links, Küsschen rechts. Schnell musste ich allerdings noch loswerden, dass ich nur Schalke Sympatisant bin, weder zu den Ultras, noch Umfeld gehöre und im Osten wohne. Aber ich habe Kumpels, die oft zu Schalke fahren, erzählte ich und meine neuen Kumpels fanden das völlig ok. Sie brachten mich zu ihrem Ultra-Raum. Von außen erinnerte mich die Wohnung wie eine aus einem Brasilianischen Favelagebiet. Umso erstaunter war ich, als ich dann drin war. Bevor ich noch einmal gut 20 Leuten guten Tag sagen musste, inspizierte ich erstmal die beeindruckende Räumlichkeit. Der Club wirkte wie ein Museum. Alles hatte seinen Platz, millimeter genau im Regal oder platziert an der Wand. Etwas mulmig war mir schon. Umgeben von 25-30 Ultras, als Fremder nicht wirklich angenehm. Aber Alfredo klärte sofort auf und anschließend waren alle sehr entspannt und unfassbar freundlich. Wir unterhielten uns auf englisch über die deutschen und italienischen Ultraszenen. Als Gastgeschenk bekam ich einen Schal, Aufkleber, Fahrkarten (um zum Stadion zu kommen) und natürlich Kaffee und Kuchen. Den Kaffee musste ich mir hinterwürgen (Ich trinke nämlich keinen Kaffee, aber ablehnen wollte ich nicht).

Irgendwas wollte ich dann den netten Gastgebern auch schenken, deshalb kramte ich aus meinem Beutel das aktuelle Blickfang Ultra-Heft raus und schenkte es der Gruppe. Sie freuten sich tatsächlich sehr, da auch Berichte über italienische Szenen drinstehen. Manfredi saß gemütlich auf einer Couch und sah sich das Heft an. Stand natürlich alles auf Deutsch geschrieben. Also musste ich dem englisch sprechenden Allesandro die Berichte auf englisch übersetzen und er übersetzte es auf italienisch. Währenddessen saßen 25 andere Ultras interessiert im Club und lauschten unseren Worten. Das war definitiv ein sehr geiles Erlebnis. Bevor mir Gian Luca einen weiteren Kaffee anbot, entschied ich mich langsam zu verabschieden. Immerhin wollte ich ja mit Richard noch das Spiel von Salerno gegen Palermo anschauen.

Die Gruppe aus dem Club blieb dem Spiel übrigens fern, denn in Salerno boykottieren derzeit 4 von 5 Ultragruppen die Spiele ihres Vereins. Grund dafür ist, sowohl ein Konflikt mit dem derzeitigen Vereinspräsidenten und außerdem haben einige Fans nach Problemen im Hinspiel in Salerno ein zweijähriges Stadionverbot bekommen.

US Salernitano 1919 – US Palermo 0:2

Ziemlich zeitig am Stadion angekommen, ergab sich für uns ein unerwartetes Bild. Das Stadio Arechi liegt 6km außerhalb vom Zentrum, mitten im Nichts und kurz hatte ich die Befürchtung, dass das Spiel ausgefallen sein könnte. Niemand war hier. Keine Imbissbuden, keine Fanstände, keine Fans. Ein paar gelangweilt daherguckende Carabinieri (Polizisten) gaben uns jedoch die Gewissheit, das Spiel findet statt. Na immerhin. Das Stadion, für mich eines der schönsten in Europa. 31.000 Fans passen rein. Ich mag die steilen Tribünen. Es gibt keine Plastiksitze, keine VIP-Logen, einfach nur nummerierte Steinplatten, auf denen die man alte Zeitungen ablegen musste, um vom Staub keine dreckige Kleidung zu bekommen. Haben wir natürlich nicht gemacht und hatten dementsprechend einen weißen Arsch.

Beim Aufwärmen der Mannschaften wurde auch keine Musik eingespielt. Es gab auch kein großes Catering-Angebot im Stadion. Für die riesengroße Tribuna Azzura (19,00 Euro pro Karte) reichte ein aufgebauter Tisch, auf denen ein paar Chipstüten und Nüsse lagen. Die Chips waren allerdings sehr lecker! Empfehlenswert. „Das ist Fußball in seiner Ursprungsform“, erfreute sich auch Richard. Mittlerweile waren auch die gut 150 Auswärtsfans aus Palermo, geschmückt in ihren rosanen Vereinsfarben, angekommen. Der Gästeblock in der Curva Nord glich einem hässlichen Käfig, umgeben von vielen Netzen und Zäunen und zwei großen Ordnerketten. Nicht nur vom Auftreten, auch von der Keidung her, unterscheiden sich die italienischen Ultras sehr von denen in Deutschland. Sieht man bei uns im Osten doch viele Jogginghosenträger in Pullis, präsentierte sich der Vorsänger von Palermo in schönen Bugatti-Laufschuhen, einer Röhrenjeans, einem silbernen Gürtel und im Designer-feinripp-Oberteil. Natürlich durfte bei anbrechender Dunkelheit die Sonnenbrille nicht fehlen. Etwas schmunzeln musste ich da schon. Die restlichen Palermofans zogen nach Ankunft erstmal alle ihre Oberteile aus und präsentierten sich dagegen oberkörperfrei. Ein lautes „Paleeeeerrmoooo“ schmetterte es in das weite Rund und eine Gruppe von Kindern, dich sich mit Zaunfahne in der Nähe des Gästeblock positionierte, antwortete direkt mit einigen Schmähgesängen. Auf dem Spielfeld war Palermo klar die bessere Mannschaft und gewann am Ende auch verdient mit 3:0. Richard meinte aber, das Niveau war unterirrdisch und die meisten deutschen Drittligavereine hätten wohl keine Probleme mit beiden Teams gehabt. Auf den Rängen erlebten wir jedoch großes Kino. Die knapp 3000 Salerno-Fans in der Curva Süd waren und glaublich laut und sangen vorallem melodische Lieder. Im Gästeblock zündete Palermo desöfteren Pyro und orientierte sich eher am polnischen Stil mit kurzen und lauten Schlachtrufen. Etwa 5.000 Zuschauer sollten es ingesamt gewesen sein. Für beide war es das letzte Saisonspiel, allerdings spielen die Gäste dann anschließend noch in den Playoffs mit um den Aufstieg in die Serie A.

Nach dem Spiel sollte es dann eigentlich wieder mit dem Bus zurück ins Zentrum gehen. Dummerweise werden Abends keine Busse mehr eingesetzt und so blieb uns nichts anderes übrig, als die 6km zu Fuß zurückzulegen. Auf dem Rückweg rauschten dann gefühlte 2.000 Motorroller rechts und links an uns vorbei und wir hielten noch an dem ein oder anderen Eisladen an. Gegen 0 Uhr erreichten wir dann ziemlich erschöpft unsere Unterkunft und schmissen uns sofort ins Bett. Gerade sitzen wir im Flieger von Neapel zurück nach Berlin. Ich hatte daher bereits Zeit den ausführlichen Bericht zu schreiben. Rückblickend lässt sich sagen, der Besuch in Salerno hat sich absolut gelohnt. Ein unvergessliches Erlebnis mit den Ultras von Salerno in deren Club und ein beeindruckender Support der beiden Fanlager im Stadio Arechi. Salerno kann ich also jedem nur empfehlen. Wenn ihr irgendwelche Fragen zum Bericht oder allgemein zu Salerno habt oder Feedback hinterlassen wollt, schreibt mir ruhig eine E-Mail, meldet euch bei Facebook (Team Sportstadt) oder bei Instagram (Team.Sportstadt.

Storchi

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