Das Highlight unseres Urlaubs sollte nun am 03.01.2022 in Cadiz stattfinden. Zum ersten Mal „La Liga“. Die spanische erste Liga live im Stadion. Bewusst haben wir uns dazu entschieden, eben nicht Real Madrid oder Barcelona zu schauen, wo unter den im Durchschnitt 36.000 Zuschauern gefühlt noch 15.000 Touristen dabei sind, sondern eben einen kleineren Verein, weit weg von den Millionen-Metropolen.

Die Fahrt nach Cadiz verlief relativ unspektakulär, wobei man erwähnen sollte, dass wir meiner Meinung nach ziemlich oft Maut-Gebühren zahlen mussten. Dafür erlebten wir bei unserer Ankunft einen schönen Sonnenuntergang und eine coole Überfahrt auf der Puente de la Constitución de 1812. Eine 3,1 Kilometer lange Brücke, die länger als die Golden Gate Bridge ist und zu den größten in Europa gehört. Sie verbindet den Hafen in Cadiz mit der eigentlichen Stadt. Diese ist wirklich schön. Riesige Atlantik-Strände, hohe Wellen und Kreuzfahrtschiffe laden zum Verweilen am Wasser ein. Da ich mich 1-2 Mal verfahren hatte, blieb uns jedoch nicht mehr ganz so viel Zeit, also liefen wir zeitnah zum Estadio Nuevo Mirandilla. Ein durchaus sehenswertes Stadion. Zunächst schauten wir draußen vergeblich nach ein paar Gelegenheiten, um noch etwas zu essen. Endlich, dachten wir, als wir hundert Meter vom Stadion einen Grill entdeckten. Der Besitzer winkte jedoch schon vom Weiten ab. Er muss erstmal vorheizen und das dauert noch. War zwar schon 21 Uhr aber ok. War wohl eine verlängerte Siesta. Allgemein läuft das alles nicht so ab, wie bei uns in Deutschland oder woanders in Europa. Hier verweilen die jeweiligen Fanclubs nicht in verschiedenen Bars in Stadionnähe sondern sie kommen erst kurz vor Anpfiff und gehen dann rasch zu ihren Plätzen. Jedenfalls war das unser Eindruck.

Zu den unverschämt teuren Eintrittspreisen verlier ich lieber mal nicht so viele Worte und konzentriere mich auf die Erlebnisse im Stadion. Nun, ich hatte relative hohe Erwartungen. Die Heimkurve zählt eigentlich zu den wirklich guten in Spanien und auch Sevilla liefert auswärts eigentlich immer ne gute Show ab. Sportlich gesehen waren die Gäste aus Sevilla, die aktuell Real Madrid auf Platz 2 an der Tabellenspitze jagen, die haushohen Favoriten. Da Stadion füllte sich dann relativ gut. Knapp 15.000 Zuschauer kamen. Ähnlich wie bei uns derzeit rennen überall Ordner herum und „erinnern“ die Fans freundlich daran, ihre Maske ordentlich zu tragen. Zunächst war ich dann ziemlich verwundert. Hier passierten Sachen, mit den ich so nicht gerechnet habe. Ein relativ altes Stadion, kaputte Sitzschalen, Opis und Omis auf unserer Tribüne, die gemütlich ihre Nüsse knabberten und Jugendliche in lässigen Trainingsklamotten. Soweit so gut. Doch auf einmal ging das Licht aus alle sollten mit ihren Handylichtern für „Stimmung“ sorgen. Habe ich zuletzt in der NBA bei den Miami Heats gesehen sowas. Relativ komisch war, dass es zweimal probiert wurde und jeweils nur jeder Hundertste mitgemacht hat. Sah dementsprechend auch nicht wirklich gut aus. Nach dem die Lichtershow vorüber war, folgte der nächste „Ami-Trend“. Nicht böse gemeint, aber das passt halt nicht so wirklich. Ebenso wie dieser „Kiss-Cam“ und „Ich bin auf der Leinwand und muss jubeln“- Kram. In USA beim American Football, wo dann auf einmal 20 Leute aufstehen und wild tanzen, mag das ja auch cool sein. Aber auch diese Sache hat in Cadiz nicht wirklich gut funktioniert. Und eine dritte Sache, die ich so zumindest bei uns in den unteren Ligen noch nicht gesehen habe ist, dass hier die übelsten Drohnen durchs Stadion fliegen und Live-Aufnahmen entweder zur TV-Übertragung senden oder eben auf die riesigen Anzeigetafeln im Stadion. Die Anzeigetafeln sind für meinen Geschmack auch viel zu groß für das Stadion. Aber gut. Genug mit dem Gemeckere, denn der weitere Ablauf war dann wirklich erlebnisreich.

Nun füllte sich auch der Fanblock und immerhin hing dann mit der „Bandidas Amarillas“-Fahne auch insgesamt eine Zaunfahne im ganzen Stadion. Zum Einlaufen beider Teams wurde es zum ersten Mal richtig laut. Die Heimfans sangen die Vereinshymne und ja, sie erinnerte zwar an den ein oder anderen Sommerhit von Marquess, aber jeder hier im Stadion stieg mit ein so schallte es aus allen Richtungen. Die aktiven Fans waren, obwohl in eher kleiner Anzahl vertreten, durchaus deutlich zu vernehmen. Der Style geht definitiv in Richtung Samba, was man aus Südamerika kennt. Große Trommeln, melodischer Dauergesang und hüpfende Anhänger, oberkörperfrei, gestenreich und sehr emotional. Das hat uns jedenfalls sehr gefallen. Die knapp 300 Sevilla-Fans waren zunächst einmal überhaupt nicht präsent. Obwohl das augenscheinlich ein guter Haufen war. Vor dem Spiel sind die an uns vorbeigelaufen. Sie folgen dann eher dem Ultra-Ideal, wie man es auch aus Deutschland kennt. Marken-Klamotten, der Scheitel sitzt, Sonnenbrille auf und böse gucken. Natürlich etwas überspitzt formuliert, aber wisst schon was ich meine. Als die Gäste dann mit 1:0 in Führung gingen, drehte der Sevilla-Anhang direkt auf und schmettere in den nächsten zehn Minuten einen Hit nach dem anderen durchs weite Rund. Auch das war ziemlich ordentlich. Immerhin waren das nur 300 Mann und der Gästeblock war typisch spanisch, in Reihe 500 aufwärts gelegen. Kurz vor dem Ende des Spiels sympathisierten wir uns aber wieder mit der Heimseite. Cadiz war der absolute Underdog und wie geil wäre es gewesen, wenn die Hausherren den Ausgleich erzielt hätten, kurz nachdem der Schiedsrichter das 2:0 für Sevilla aufgrund einer Abseitsposition zurückgenommen hatte. Direkt im Gegenzug lief Cadiz den Konter, doch nach einem Kopfball landete der Ball knapp neben dem Tor. Bei dieser Aktion ist noch einmal das gesamte Stadion abgegangen. Anschließend war Schluss und für uns endete nicht nur das Spiel sondern mit diesem Erlebnis auch unser Südspanien-Urlaub.

Insgesamt betrachtet würde ich beim Bewerten des Stadionbesuchs in Cadiz eine Schulnote im Bereich von 3- oder 4 vergeben. Die Stimmung war zwar ziemlich gut, doch insgesamt haben mir dann zu viele Dinge überhaupt nicht gefallen. Unter anderem die unfassbar teuren Ticketpreise.

Ein paar bewegte Bilder vom Tag haben wir ebenso zusammengestellt:

Wir freuen uns nun darauf, dass auch bei uns in Sachsen-Anhalt das Sportgeschehen bald wieder beginnt.