Ist das bereits oder wird das die beste Zweitliga-Saison des DRHV 06 seit langem? Wochen oder sogar monatelang waren sich die Kritiker während der zwischenzeitlichen Durstrecke schon einig. „Das Team wird niemals die Klasse halten“. Und nun? Im Jahr 2022 sind die Dessauer aber mal so richtig in Fahrt gekommen. In den letzten sechs Heimspielen konnte man fünf Mal gewinnen. Unter anderem haute man den Tabellenführer aus Gummersbach aus der Halle. Auswärts punktete man in Lübeck und gewann in Coburg oder auch in Essen. Die Biber haben ihre Zähne gehörig geschliffen und mit Nordhorn-Lingen fuhr ein weiterer Aufstiegskandidat, sicherlich auch mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, am gestrigen Freitag nach Dessau. Immerhin können die Gastgeber den Klassenerhalt perfekt machen.

Und wie schwer es ist, in Dessau zu bestehen, das signalisierte die Jungandreas-Sieben gleich zu Beginn der Partie. Die Hausherren überrollten die Gäste und so traf Max Emanuel in der dritten Minute zum 3:0. Nach und nach zeigte sich jedoch auch die Klasse von Nordhorn und so kassierten die Biber Mitte der ersten Halbzeit dann den 8:8-Ausgleich. Die Gäste waren nun vor allem über das Kreisläufer-Spiel aktiv geworden und die DRHV-Abwehr hatte damit ihre Schwierigkeiten. Mehrere Zeitstrafen waren die Folge und inzwischen führte Nordhorn mit 15:13. Jakuk Hrstka und Lennart Gliese erzielten allerdings kurz darauf den 15:15-Ausgleich. Die Dessauer konnten in der Folge das Ruder wieder herumreißen. Kapitän Vincent Sohmann traf zur 17:16-Führung, Daniel Fontaine netzte für die Gäste in der allerletzten Sekunde der ersten Halbzeit dann zum 17:17-Ausgleich ein. Es war ein tolles, ein mitreißendes Spiel.

So gut, dass beim „BSG, ZAB“-Wechselgesang diesmal nicht nur der gegenüberliegende Block aus Sicht der Zabporters mitgemacht hat, sondern diesmal gleich die ganze Halle mit einstieg. Sehr stark! Auch die 1025 Fans waren also gut drauf. Nach 35 Minuten stand es 19:19 und dann zündete der DRHV mal aber so richtig den Turbo. Da fragt sich der ein oder andere Fan, wieso man eigentlich im Abstiegskampf steckt. Zunächst ließ der junge „Paul Breitner“ die Masse jubeln. Gemeint ist Elias Gansau.

Äußerlich Ähnlichkeit mit der Fußball-Legende, körperlich erinnert der Gastspieler aus Leipzig aber eher an Popeye den Seemann. Eine Fackel aus dem Rückraum und schon schlägt der Ball unhaltbar im Winkel ein. Ein Raunen ging durch die Halle. Gansau traf zum 21:19. Fast zehn Minuten lang blieb Nordhorn dann ohne Treffer. Philip Ambrosius hielt den Kasten hinten sauber und im Gegenzug netzte Timo Löser zum 26:20 ein! Lange Gesichter bei den Gästen, die in dieser Phase vorgeführt worden. Löser bekam man einfach nicht in den Griff. Der Rückraum-Shooter ist nach seiner Verletzung inzwischen wieder in Topform und erzielte acht Tore, bereitete drei weitere Treffer vor. Doch, so schön und stark diese sensationellen Phasen auch sind, in der Folge zeigte der DRHV dann wieder die andere Seite der Medaille. Elf Minuten lang ließen sich die Dessauer nun die Butter vom Brot schmieren und Nordhorn kam eindrucksvoll zurück. In der 53. Minute traf Georg Pöhle zum 28:27 für Nordhorn.

Inzwischen sind wir in der sogenannten Crunch-Time angekommen. Noch fünf Minuten waren zu spielen. Und nun krönten die Gastgeber ihre tolle Leistung mit einem entscheidenden 4:0-Lauf. Auch Torwart Philip Ambrosius war wieder maßgeblich daran beteiligt. Wilde Diskussionen folgten, als ein Ball der Gäste knapp neben das Gehäuse ging und der Dessauer Torwart wohl gerade noch so die Finger zurückziehen konnte. Somit gab es Ballbesitz für die Biber. Vincent Sohmann sorgte auf der anderen Seite mit einem Doppelpack zum 31:28 für die Entscheidung. Am Ende gewinnt der DRHV 06 verdient mit 31:30 und sichert somit den Verbleib in der 2. Handball-Bundesliga!

Großartig! Inzwischen haben sich die Dessauer hoch auf Platz 12 gemausert. Der Fangesang: „Gegen Dessau, kann man mal verlieren“, wurde ja in den vergangenen Jahren immer wieder, auch ein wenig ironisch, aus dem Hut gezaubert, wenn der DRHV 06 unten im Keller stehend, gegen ein Top-Team gewonnen hat. Doch inzwischen ist es eigentlich ein Fakt. Zu Hause hat man gegen vier der Top 5 Teams der 2. Bundesliga gewonnen. Und so kann das Fazit von Nordhorn tatsächlich heißen: Gegen Dessau, kann man halt mal verlieren…