Es war wieder einmal soweit. Das 106. Leipziger Derby zwischen der BSG Chemie Leipzig und dem 1. FC Lok Leipzig fand am gestrigen Samstagnachmittag im Alfred-Kunze-Sportpark statt. Natürlich war die Partie bereits Tage vorher ausverkauft, auch wenn Presse und Fans im Vorfeld berichteten, dass die Luft bei beiden Vereinen ein wenig heraus sei. Immerhin kann Lok Leipzig nicht mehr auf- und Chemie Leipzig nicht mehr absteigen. Natürlich geht es dennoch bei dieser Partie um eine Menge Prestige. Bei Groundhoppern muss das Leipziger Derby ein sehr beliebtes Ziel sein. Schwierig ist es jedoch an Karten zu kommen. Zu den Plänen von Chemie Leipzig zählt mittelfristig, die Kapazität des Kunze-Sportparks zu erhöhen, so dass mehr als 4.999 Zuschauer ins Stadion dürfen. Dank Presse-Tätigkeit bekamen wir von Team Sportstadt jedoch auch kurzfristig noch eine Akkreditierung, sogar für den Innenbereich.

Angespannt war die Lage der beiden Fanlager, die traditionell weiträumig voneinander getrennt werden, schon vor dem Spiel. Mütze, Sonnebrille und medizinische Maske = vermummt? Oder einfach eine Sturmhaube? Die Fans von Lok Leipzig werkelten vor dem Anpfiff im Gästeblock herum und auch im Heimbereich wurde einiges organisiert. Gespannt war man natürlich auf den Einlauf der Mannschaften. Was gibt es in den Kurven zu bestaunen? Große Pyro-Shows, eine Choreografie oder einfach mal gar nichts? Die Chemie-Fans verwandelten den gesamten Norddamm zunächst in einen schwarzen Bereich, untermalt mit schwarzem Rauch. Ehe der Hintertor-Bereich dann zu den Farben Grün und Weiß gewechselt hatte. Im Gästeblock war natürlich die Farbe Gelb tonangebend. Die Lok-Fans zeigten zudem mehrere Doppelhalter, auf denen ein „1.FC Lok“ abgebildet war.

Beim Liedgut hatten beide Kurven hauptsächlich Altbewährtes zu bieten, wobei uns wirklich diesmal auch die hohe Mitmachquote auf beiden Seiten begeistert hat. Bis zur „Randale-Aktion“ in der 40. Minute, waren beide Lager auch hauptsächlich durchgängig bedacht, die eigene Mannschaft zu unterstützen. Plötzlich ging das dann Gerenne hinter bzw. seitlich neben dem Chemie-Block los. Gefühlt 1-200 Leute in waren Bewegung. Sämtliche Absperr-Utensilien flogen durch die Gegend und wenige Sekunden später rannte ein größeres Aufgebot an Polizisten direkt in den Heimbereich rein, was die Lage natürlich kurzzeitig zum Eskalieren brachte. Das Spiel wurde unterbrochen und die Chemie-Fans waren natürlich daran interessiert, die „Behelmten“ wieder aus dem Block zu scheuchen. Auch aus dem Gästeblock folgte mit einem „A.C.A….“ eine Reaktion darauf. Irgendwann beruhigte sich das Geschehen wieder und nach dem alle Gitter und Absperrungen durch die Chemie-Fans wieder aufgebaut worden waren, ging die Partie dann auch weiter.

Im zweiten Durchgang war dann Lok an der Reihe. Nach dem Motto „besiege den Feind“, wurde reichlich Rauch im Block gezündet und zahlreiche Leuchtspuren flogen in den Heimbereich. Letzteres kam auf der Heimseite natürlich weniger gut an, weshalb sich vom Norddamm der ein oder andere Vermummte auf den Weg zum Gästeblock machte. Direkt waren jedoch Ordner und Polizei zur Stelle. Es folgte die nächste Unterbrechung. Im Hintergrund flogen die Raketen durch die Gegend, doch Lok-Trainer Almedin Civa hatte andere Gedanken. Immerhin führte Chemie mit 1:0. Er suchte das Gespräch mit mehreren Spielern und forderte mehr Engagement. Promt folgte, als es weiter ging, der 1:1-Ausgleich. Ein wenig kehrte nun auch „Normalität“ zurück auf die Ränge. Beide Seiten waren fortan wieder darauf bedacht, ihr Team zu unterstützen. Als Chemie Leipzig dann noch den 2:1-Siegtreffer erzielte, kochte natürlich der gesamte Alfred-Kunze-Sportpark. Nach dem Spiel kamen aus dem Gästeblock noch weitere Leuchtspuren geflogen, während die Heimseite mit der Mannschaft zusammen feierte!

Welches Fazit ziehen wir? Nun…, eins ist Fakt. Diese Art von Stadion-Erlebnis gefällt nicht jedem. Genau deshalb gibt es ja in Leipzig bekanntlich auch noch einen dritten großen Club, der in der 1. Bundesliga aktiv ist. Manch einer kann es vermutlich auch nicht verstehen, dass man lieber ins Stadion geht, um diese Art von Stimmung und Emotionen zu erleben und dafür keine Fallrückzieher auf dem Spielfeld zu sehen. Aber so ist das nun mal. Vom friedlichsten Leipziger Derby aller Zeiten würden wir mit Sicherheit nicht reden. Leuchtspuren in den Heimbereich zu schießen oder die Rennereien hinter dem Chemie-Block geben dem Leipziger Derby sicherlich auch einen faden Beigeschmack, die Stimmung dafür war großartig und auch der Spielverlauf war mitreißend. Leipziger Derby? Gerne wieder!

Achtung: Beim Videobeitrag gibt es diesmal leider ein paar Tonprobleme.