Lange Zeit sah es im weiblichen Bereich der C- und B-Jugend im Dessauer Handball gar nicht so rosig aus. Zumindest wenn man die personelle Situation betrachtet. Erfolgreich waren die Teams dennoch. Schauen wir zurück in die letzte Saison. Die D-Jugend wurde souverän Anhaltmeister, schied dann aber in der Vorrunde zur Landesmeisterschaft aus. Um noch erfolgreicher zu sein, fehlte es der Mannschaft vor allem in der Breite. Das letzte Spiel der Landesmeisterschafts-Vorrunde verloren die Dessauer gegen Schönebeck. Bei der 10:13-Niederlage trafen nur die zwei Unterschieds-Spielerinnen Lea Körting und Lilly Koppeng. Beide waren auch häufig im Kader der C-Jugend. Dort schloss man die Saison als Tabellensechster ab. Zusammen mit den starken Spielerinnen der D-Jugend kam die C-Jugend zum Ende der Saison immer besser in Fahrt, verlor aus den letzten sieben Partien nur zwei Begegnungen. Und dann war da noch die B-Jugend. Das Team der Stunde wurde nicht nur Anhaltmeister, souverän überstand man auch die Vorrunde zur Landesmeisterschaft und wurde bei dieser später Dritter. Ein toller Erfolg!
Nun folgte zur neuen Saison dann die große Umstrukturierung. Die D-Jugend besteht nun aus vielen jungen Spielerinnen, die sich in der Anhaltliga nach der Auftaktniederlage gegen Jessen erst einmal finden müssen. Auch in der B-Jugend wanderten viele Spielerinnen ab. Sie bereichern nun das neu gegründete Junior-Team im Frauenbereich des DRHV 06. Geblieben ist jedoch die Rückraum-Spielerin Julie Bertram, die das Team erfolgreich am ersten Spieltag gegen Wittenberg/Piesteritz zum 28:8 geführt hatte. Und nun zur C-Jugend. Wer soll die in dieser Saison eigentlich überhaupt schlagen? Lilly Koppeng und Lea Körting spielen nun regulär in der C-Jugend, mit Alina Olek besitzt man eine weitere schnelle und wuselige Spielerin, deren Leistungskurve rapid nach oben zeigt und mit Lea Heinrich ist eine starke Linkshänderin im Kader. Auch Xenia Thäle im Tor, kann an guten Tagen die Kiste ordentlich vernageln und ist schon oft ein sicherer Rückhalt gewesen. Natürlich besteht das Team noch aus weiteren Spielern, doch die eben genannten Spielerinnen stellen gerade in der Anhalt-Liga schon eine Klasse für sich dar. Und als ob das nicht schon genug wäre, hat das Trainergespann Kaufmann und Kerner nun ein wahres Luxus-Problem. Wenn Genialität zur Herausforderung wird. Josephine und Johanna Fritze sind zur aktuellen Saison von der Sportschule aus Halle zurück nach Dessau gewechselt. Jedoch nicht aus Leistungsgründen. Da sich die C-Jugend der Hallenser nicht für die Regionalliga qualifiziert hat, spielt das Team von der Sportschule ebenfalls nur der Bezirksklasse im Bereich Süd. Somit spielt man nach dem Wechsel zurück nach Dessau praktisch in der gleichen Liga, nur eben in einem anderen Bezirk. Sicherlich kann man mit Fug und Recht behaupten, Josephine und Johanna Fritze sind die besten Rückraum-Spielerinnen, die Sachsen-Anhalt derzeit zu bieten hat. In Sachen Schnelligkeit, Wurfgewalt und Spielintelligenz ragen die Zwillinge deutlich heraus und stellen die Konkurrenz gehörig in den Schatten. Beim ersten Saisonspiel der B-Jugend in Wittenberg stand es nach zehn Minuten 12:0 für Dessau. Josephine und Johanna Fritze trafen zu diesem Zeitpunkt zusammen bereits acht Mal. Florian Kaufmann und Diana Kerner nahmen die Zwillinge dann erstmal herunter, um beiden Teams eine „Verschnaufpause“ zu gönnen.
Ein langer Eingangstext war jetzt also nötig, um das „Luxus-Problem“ der C-Jugend zu erklären. Und dann reiste der Gegner vom Wochenende, der SV Grün-Weiß Wittenberg-Piesteritz, nur mit sechs Spielerinnen an. „Spielst du durchgängig mit Josephine und Johanna und hast dann noch die anderen Leistungsträger mit auf dem Feld, gewinnst du vermutlich 40:0. Das möchte ja nun auch niemand sehen“, sagte Spieler-Vati Holger Koppeng von der Tribüne aus, fügte aber hinzu: „Das Problem ist trotzdem, dass die genannten Mädels heiß sind und sich die ganze Woche über auf das Spiel freuen“. Es ist demnach schwierig, eine gute Mischung zu finden, gerade bei 14 Spielerinnen im Kader.
Das Trainergespann ließ die Zwillinge dann erst einmal unten und dennoch waren die Gastgeber, wie zu erwarten war, sehr dominant. Drei Mal Lilly Koppeng, einmal Lea Körting und schon stand es 4:0. Neben den ganzen Lobes-Hymnen um Josephine und Johanna Fritze sei natürlich auch erwähnt, dass Lea Körting wie gewohnt auf einem sehr hohen Niveau agiert und sich Lilly Koppeng absolut prächtig entwickelt hat. In Sachen Schnelligkeit und Wurfgewalt auch fast schon zu gut für diese Liga. Demnach hatten die Dessauer Trainer auch ein Einsehen und nahmen die beiden erst einmal herunter. Und dann war es tatsächlich ein Spiel auf Augenhöhe. In den folgenden zehn Minuten passierte auf der Anzeigetafel nicht mehr viel. Nach der 6:0-Führung erzielte Wittenberg/Piesteritz immerhin drei Treffer, die Gastgeber noch einen. So stand es nach 15 Minuten 7:3 für die JSpG. Und hier sah man deutlich, die „Alternativspielerinnen“ sind eben noch nicht soweit. „Sie müssen nach und nach an das Niveau herangeführt werden. Wer fleißig ist und auch möchte, hat bei uns im Training optimale Bedingungen und die ein oder andere macht das schon ziemlich gut“, erklärte Trainer Florian Kaufmann nach dem Spiel. Gemeint hatte er sicherlich unter anderem Maja Scheler, die drei Tore erzielen konnte und auch Alina Olek zeigte eine tolle Leistung. Sie netzte sogar vier Mal ein.
Im zweiten Durchgang standen dann Josephine und Johanna Fritze zusammen auf der Platte. Nach neun Minuten hatten beide zusammen schon acht Tore erzielt. Die Gäste-Torhüterin musste dabei mehrere Male in Deckung gehen. Das war gut so! Es ist schon erstaunlich, aus welchen Lagen und Winkeln das runde Leder in die Maschen gepfeffert wurde. Ein bisschen Slapstick war allerdings auch dabei. Als die pfeilschnellen Rückraum-Spielerinnen den Ball der Gäste abermals abgefangen hatten und zusammen einen Konter liefen, forderte die anwesende A-Jugend Jungs-Abteilung der Tribüne lautstark einen Kempa-Trick. Offenbar waren sich die Zwillinge im Vorwärtsgang nun nicht ganz einig und spielten sich den Ball mehrmals vor dem Tor noch einmal zu. Letztendlich landete der Ball ohne Kempa-Trick unhaltbar im Tor. Auf der Tribüne wurde ein wenig geschmunzelt. Alle waren sich natürlich einig, dass es am Sonntag ein Schaulaufen der beiden Leistungsträger war.
Am Ende gewinnt die JSpG DRHV 06/Kühnau übrigens „nur“ mit 23:7. Zeigt allerdings dann auch, dass im Training noch reichlich Arbeit nötig ist. Sobald das Fritze-Körting-Koppeng-Quartett nicht auf der Platte stand, war das gegen Wittenberg/Piesteritz phasenweise eine recht ausgeglichene Partie. Dennoch fragt man sich: Wer soll dieses Team in Bestbesetzung eigentlich schlagen…?